Die Botschafter des Landes Jiddisch
Selbstverständnis und Repräsentationsformen des jiddischen PEN-Clubs
Das Dissertationsprojekt untersucht das Selbstverständnis des jiddischen PEN-Clubs und zielt auf eine umfassende Erforschung seiner Geschichte. Lange als »Jargon« herabgesetzt, war die Aufnahme in die Schriftstellervereinigung PEN International 1927 ein bedeutsamer Schritt für die Anerkennung des Jiddischen als Literatursprache. Diesem Ereignis war eine Änderung der Organisationsstatuten vorausgegangen, die den Weg für die Gründung von mehreren PEN-Clubs in einem Land freimachte und die bis dato übliche Gleichsetzung von Staatsgrenzen mit Sprachräumen hinterfragte. Mit Hauptsitz in Wilna und Zweigstellen in Warschau und New York spiegelte der jiddische PEN-Club die Transterritorialität der jiddischen Literatur auch institutionell wider. Seine Gründung verlieh schließlich der Idee eines länderübergreifenden und sprachlich konstituierten »Jiddischlands« wirkungsvoll Ausdruck.
Die Mitglieder zählten nicht nur zu den bekanntesten Literatinnen und Literaten, sondern waren auch Kulturaktivisten im breiteren Sinne. In PEN International vertrat der jiddische PEN-Club erstmals die Interessen jiddischer Schriftstellerinnen und Schriftsteller vor einer internationalen Öffentlichkeit, positionierte sich in politischen Fragen und formulierte seine Perspektiven auf die Rolle und Aufgaben der Literatur. Er verstand sich dabei als Repräsentant jüdischer Belange im Allgemeinen und engagierte sich auch innerjüdisch, vor allem im Bereich des jiddischen Kulturlebens. Der Holocaust veränderte die Rahmenbedingungen seiner Arbeit grundlegend. Aus einer primär kulturhistorischen Perspektive beleuchtet die Dissertation das Selbstverständnis des jiddischen PEN-Clubs und zeichnet nach, wie sich die Zielsetzungen in den rund fünfzig Jahren seines Bestehens angesichts des Zeitgeschehens artikulierten, wandelten und nach der Katastrophe erneuerten.
Kontakt
Carolin Piorun