Schwerpunktprojekte
Im Rahmen der inhaltlichen Schwerpunkte der Forschungsressorts werden regelmäßig umfassendere drittmittelfinanzierte Vorhaben entwickelt. Sie bereichern das Forschungsspektrum und die Projektformate am Institut und tragen wesentlich zur Schärfung des akademischen Profils bei. Hierzu zählen Verbundvorhaben, die sich in Kooperation mit weiteren Partnern größeren Themenkomplexen mit interdisziplinären Zugängen widmen, Forschungsgruppen, Formate zur Konzipierung neuer Themen oder der breiteren Vermittlung und Diskussion aktueller Tendenzen im Bereich jüdischer Geschichte und Kultur. Diese Schwerpunkt- und Verbundprojekte tragen substantiell zum Ausbau der nationalen und internationalen Vernetzung des Instituts bei.
Forschungskoordinatorin
Dr. Monika Heinemann
Schwerpunkt- und Verbundprojekte
Belongings
Das Internationale Graduiertenkolleg »Belongings: Jewish Material Culture in Twentieth-Century Europe and Beyond,« ein Kooperationsprojekt der Hebräischen Universität Jerusalem, der Universität Leipzig und dem Dubnow-Institut, bietet ein vielseitiges Qualifizierungsprogramm für herausragende internationale Promovierende und wird gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Alfred Landecker-Stiftung. Das Internationale Graduiertenkolleg »Belongings« vereint deutsche, israelische und andere internationale Forscherinnen und Forscher aus allen akademischen Karrierestufen und beruht auf der Idee, dass jüdische Geschichte auf substanzielle und innovative Weise durch die Analyse ihrer Welt der Objekte rekonstruiert, erzählt und erinnert werden kann. Dazu gehören Objekte, die verloren gingen, imaginiert und herbeigesehnt wurden oder durch die Katastrophen des zwanzigsten Jahrhunderts eine erkennbare Leerstelle hinterließen. Mit diesem objektzentrierten Ansatz strebt das Graduiertenkolleg an, neue Instrumente zur Analyse jüdischen Lebens in Europa und seiner Verflechtungen mit der nicht-jüdischen Umgebung zu implementieren. Die fünf Forschungscluster des internationalen Graduiertenkollegs (Practice, Ownership, Text, Memory, Stage) ermöglichen die Erforschung jüdischer materieller Kulturen in Europa und den Gebieten jüdischer (erzwungener) Emigration vom 19. bis zum 21. Jahrhundert aus multidisziplinärer Perspektive. Die beiden Kohorten internationaler junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden nicht nur ihre Forschungsergebnisse mit der wissenschaftlichen Gemeinschaft und der interessierten Öffentlichkeit teilen, sondern auch dazu ermutigt, enge Beziehungen zu Bibliotheken, Museen und Archiven aufzubauen, um Netzwerke in verschiedenen beruflichen Bereichen aufzubauen. Website des Graduiertenkollegs
»Betrieb und Idee«. Salman Schockens Universum im Jerusalemer Archiv
Das Forschungsprojekt des Leibniz-Instituts für jüdische Geschichte und Kultur – Simon Dubnow wird das Schocken-Archiv in Jerusalem, einen der bedeutendsten Archivbestände zur jüdischen Geschichte Sachsens, als transnationalen Wissensspeicher befragen und neue Zugänge zum Wirken des Kaufmanns, Verlegers und Mäzens Salman Schocken (1877–1959) öffnen. Die Ergebnisse werden der Öffentlichkeit zum Themenjahr »Tacheles« 2026 in Sachsen in einer Publikation und einer Ausstellung vorgestellt. Ein »S« zierte bis 1938 die Werbung der Schocken-Kaufhäuser; ein »ש« wurde Ende der 1930er Jahre das Signet des Schocken-Verlags in Tel Aviv und, wieder als »S«, nach 1945 das Erkennungszeichen von Schocken Books New York. »S.« stehe für »Betrieb und Idee ‚Schocken‘«, bemerkte bereits 1932 ein Journalist, und legte die Fährte, ein Prinzip in der Vielfalt der Aktivitäten Schockens zu suchen. Ausgehend von einem Geschäft in Zwickau baute Salman Schocken eine der modernsten Kaufhausketten der Weimarer Republik auf. Er unterstützte Kultureinrichtungen und Autor:innen, erwarb Bücher, Kunst und Autografen, förderte die Hebräische Universität Jerusalem und gründete 1931/32 mit dem Schocken-Verlag Berlin einen der wichtigsten jüdischen Verlage während des Nationalsozialismus. 1938 brach dieses Leben in Deutschland mit dem erzwungenen Verkauf des Konzerns und der Abwicklung des Verlags ab – setzte sich aber in Jerusalem und New York, unter völlig anderen Bedingungen, fort. Schockens Wirken zeichnete sich aus durch das Zusammendenken von Ökonomie, Sozialem, Kunst und Literatur. Das DI arbeitet diese Zusammenhänge mit der Forschungsstelle Judentum der Universität Leipzig entlang der Geschichte und der Wissensordnungen des translozierten Archivs heraus.
Das kurze Leben der sowjetisch jiddischen Literatur
Das interdisziplinäre Kooperationsvorhaben »Das kurze Leben der sowjetisch jiddischen Literatur« erforscht die jiddische Literatur in der Sowjetunion von 1917 bis in die 1970er Jahre. Im Mittelpunkt stehen Dichter und Schriftsteller, die sich sowohl persönlich als auch künstlerisch im Spannungsverhältnis von Tradition und Moderne, jüdischer Zugehörigkeit und dem Bekenntnis zur Schaffung eines »neuen« sowjetischen Menschen bewegten. Ihre Lebenswege und Werke werden vor dem Hintergrund von Revolution, Bürgerkrieg und Emigration sowie der Erfahrung des Stalinismus und des Holocaust betrachtet. Fragen nach Zugehörigkeiten, gesellschaftlichen Homogenisierungsbestrebungen sowie dem Verhältnis von Universalismus und Partikularität versprechen neue Erkenntnisse für die Geschichte des östlichen Europa und seiner Judenheiten, aber auch für die gegenwärtigen Herausforderungen globalisierter Diaspora- und Migrationserfahrungen.
Das materielle und geistige Erbe der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums
Im Mittelpunkt des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Schwerpunktprogramms »Jüdisches Kulturerbe« geförderten Projekts »German-Jewish Cultural Heritage Abroad« steht die Hochschule für die Wissenschaft des Judentums, die 1872 in Berlin eröffnet und 1942 durch die Nationalsozialisten geschlossen wurde. Im Rahmen der Kooperation mit dem Leo Baeck Institute Jerusalem wird nach dem Schicksal und der Bedeutung der Hochschulbibliothek, dem Verbleib ihrer Bücher und nach Initiativen der Nachkriegszeit, ihr intellektuelles sowie kulturelles Erbe zu bewahren, gefragt.
Das Objekt zum Subjekt machen
Das Verbundvorhaben »Das Objekt zum Subjekt machen. Jüdische Alltagskultur in Deutschland vermitteln« verbindet kulturgeschichtliche Grundlagen- mit anwendungsorientierter Schulbuchforschung und bereitet die Ergebnisse praxisbezogen für Lehrkräfte auf. Es beabsichtigt keine Erforschung der Geschichte des Antisemitismus im klassischen Sinne. Vielmehr setzt das Projekt auf Bildung und Wissensvermittlung im Bereich jüdischer Geschichte, Kultur und Religion. Es geht davon aus, dass die Aufarbeitung des Nationalsozialismus in Deutschland zu einer Engführung jüdischer Geschichte auf einen vermeintlich ausschließlichen Erfahrungszusammenhang von Verfolgung, Antisemitismus und Holocaust geführt hat, hinter dem die Pluralität jüdischen Lebens in Europa zurücktritt. Damit einher geht ein fragmentiertes oder vermindertes Wissen über die religiöse und lebensweltliche Praxis von Jüdinnen und Juden – ein Defizit, das durch mangelnde unmittelbare Erfahrung verstärkt wird. Diesen isolierenden Betrachtungsweisen und stereotypen Wahrnehmungen will das Projekt fundiertes und leicht zugängliches Wissen über jüdische Geschichte und Kultur entgegensetzen.
DIKUSA – Vernetzung digitaler Kulturdaten in Sachsen
Im Projekt »Vernetzung digitaler Kulturdaten in Sachsen – Aufbau einer technischen Infrastruktur für die Forschung zu Mobilität, Migration und Transformation von Orten, Personen und Artefakten (in zeitlicher und räumlicher Perspektive) – DIKUSA« forschen unter Koordination der Arbeitsstelle KompetenzwerkD der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig sechs geisteswissenschaftliche Forschungseinrichtungen jeweils in eigenen Teilprojekten zur Kultur- und Sozialgeschichte Sachsens. Die Ergebnisse sowie entwickelten Tools des vom Freistaat Sachsen geförderten Verbundprojektes werden anschließend öffentlich verfügbar gemacht.
Ignaz-Goldziher-Programm
Das Ignaz-Goldziher-Programm richtet sich an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus islamisch geprägten Kontexten, die Fragen der jüdischen Geschichte, von Reform und Konfessionalisierung sowie der gemeinsamen Existenzerfahrungen von Juden und Muslimen ins Zentrum ihrer Forschungen stellen. Die Fellows untersuchen Themen, die die bemerkenswerte Ähnlichkeit jüdischer und muslimischer Geschichtserfahrungen deutlich werden lassen: den Monotheismus, die abstrakte Schriftgelehrsamkeit, die Ähnlichkeiten der Aufklärungsmuster und der Konfessionalisierungsanforderungen. Ein einjähriger Aufenthalt am Dubnow-Institut kann dazu genutzt werden, ein Forschungsprojekt zu bearbeiten, fertigzustellen oder ein neues Vorhaben zu entwickeln und mit Unterstützung des Instituts zur Antragsreife zu bringen.
Projektarchiv
Kooperationspartner
Überblick über aktuelle Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner: Netzwerk
Akademieprojekt »Europäische Traditionen – Enzyklopädie jüdischer Kulturen«