Zygmunt Bauman`s life in fragments. The history of a Jewish family in Poland
Vortrag und Gespräch mit Izabela Wagner, Paris
Zygmunt Bauman ist als Soziologie, der während seiner Zeit an der Universität von Leeds bahnbrechende Werke schrieb, weltbekannt. Doch nur wenige kennen Baumans Leben vor Großbritannien: Als polnischer Jude überlebte er den Holocaust in der Sowjetunion, wurde Soldat, Mitarbeiter des Ministeriums für öffentliche Sicherheit, Wissenschaftler und erneut: Flüchtling. Diesem bewegten Leben von Zygmunt und seiner Frau Janina Bauman gehen wir in einem Vortrag und einer Diskussion mit der Soziologin Izabela Wagner nach. Im Mittelpunkt steht dabei nicht Baumans wissenschaftliches Werk, sondern sein Leben, seine Erfahrung und Selbstreflexion mit Blick auf seine Mehrfachzugehörigkeiten.
Izabela Wagner veröffentlichte die umfassende Studie »Bauman. A Biography« im Jahr 2020. Als profilierte Soziologin und Wissenschaftshistorikerin erzählt sie Baumans Leben anhand des Grundproblems seiner jüdisch-polnischen Zugehörigkeit. Bei der Arbeit an der Biografie stieß Wagner auf unveröffentlichte Texte, die Bauman selbst autobiografisch auf Polnisch und Englisch verfasst hatte. Die Texte wurden 2023 in dem von Izabela Wagner herausgegebenen Band »Fragmente meines Lebens« auf Deutsch veröffentlicht. In der Diskussion werden wir die Unterschiede zwischen den Textvarianten und die Gründe dafür herausarbeiten und danach fragen, wie man bei der Herausgabe solcher Text emit dieser Vielschichtigkeit umgehen kann.
Janina und Zygmunt Bauman
Der renommierte Soziologe Zygmunt Bauman wurde 1925 in Poznań in einer jüdischen Familie geboren. Er floh mit seinen Eltern nach dem Einmarsch der Wehrmacht in die Sowjetunion. Nach dem Krieg nach Polen zurückgekehrt, lernte er 1947 in Warschau in einem Abendkurs an der Universität Janina Bauman, geb. Lewinson (1926–2009) kennen. Janina kam in Warschau zur Welt und überlebte als Jugendliche im Warschauer Ghetto. Ihr Vater, ein bekannter Mediziner und Offizier der polnischen Armee, der im September 1939 mobilisiert wurde, wurde von der Roten Armee in Katyń ermordet.
Janina und Zygmunt heirateten und bekamen drei Töchter: Anna, Irena und Lydia. Janina arbeitete als Übersetzerin und beim Staatsunternehmen Film Polski als Cutterin, Zygmunt zunächst als politischer Beamter im Ministerium für öffentliche Sicherheit. Er wurde 1953 wegen angeblicher »zionistischer Aktivitäten« seines Vaters entlassen.
Zygmunt promovierte und habilitierte sich an der Universität Warschau, wo er als Assistenzprofessor und Dozent tätig war. Im Januar 1968 trat er aus der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei aus. Im März 1968 wurde er im Zuge der antisemitischen Kampagne der polnischen Regierung von der Universität entlassen, woraufhin die Familie nach Israel auswanderte. Mit seiner Berufung an die Universität von Leeds im Jahr 1971 zogen die Baumans nach Großbritannien. Janina veröffentlichte seit den späten 1980er Jahren zwei Memoiren, die zum Teil auf ihren Kriegstagebüchern beruhen.
Donnerstag, 10. April 2025, 17.15 Uhr
Dubnow-Institut, Leipzig
Eine Veranstaltung im Begleitprogramm der Ausstellung »Der bestimmende Blick. Bilder jüdischen Lebens im Nachkriegspolen«