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Das Untergrundarchiv des Warschauer Ghettos

Potentiale für Forschung und Vermittlung

Sichtung des zweiten Teils des Ringelblum-Archivs (geborgen am 1. Dezember 1950). Von links nach rechts: Adam (Rosenberg) Rutkowski (stellvertretender Direktor des JHI), Bernard (Ber) Mark (ab 1949 Direktor des JHI), ein Unbekannter, Tatiana Brustin-Berenstein (Historikerin, ab 1946 Jüdische Historische Kommission und JHI), und Hersz Iwan (Mitarbeiter des JHI), Warschau, Dezember 1950. Quelle: Yad Vashem.

Zum Gedenken an den Aufstand im Warschauer Ghetto vom 19. April 1943 veranstaltet das Polnisches Institut Berlin – Filiale Leipzig am Sonntag, 21. April 2024, 16 Uhr ein Konzert mit Werken von André Tchaikowsky. Im Anschluss an das Konzert werden am Denkmal für die Leipziger Synagoge in der Gottschedstraße Blumen niedergelegt.

Weitere Informationen

Im September 1946 wurde in den Ruinen Warschaus der erste Teil des sogenannten Ringelblum-Archivs entdeckt. Das einzigartige Material hatte eine Untergrundgruppe, die sich »Oyneg Shabes« nannte, unter der Leitung des Historikers Emanuel Ringelblum im Ghetto zusammengestellt. Im Bewusstsein der beispiellosen Verbrechen um sie herum, sammelten ihre Mitglieder vielfältige Dokumente und sicherten damit Beweise für die Nachwelt. Das Archiv, das sie 1942 und 1943 vergruben, ist eine der wichtigsten Sammlungen zu jüdischem Leben und Sterben während des Holocaust. Es enthält persönliche Berichte von Menschen unterschiedlichen Alters, Geschlechts und sozialer Hintergründe, statistische und organisatorische Daten, offizielle deutsche Unterlagen sowie zahlreiche weitere Materialien. Der zweite Teil des Archivs wurde 1950 gefunden.

Zugleich ist die im Warschauer Jüdischen Historischen Institut verwahrte Sammlung ein bedeutendes Beispiel jüdischer Selbstbehauptung während des Holocaust. Sie steht für einen der ersten Versuche, die Ermordung der Jüdinnen und Juden Europas im Moment des Geschehens selbst zu dokumentieren und zu bewahren. Dennoch ist das Archiv in Deutschland jenseits der akademischen Forschung kaum bekannt.

Am Vorabend des 81. Jahrestags des Warschauer Ghettoaufstands stellt Andrea Löw (Zentrum für Holocaust-Studien am Institut für Zeitgeschichte in München) in einem Impulsvortrag die Inhalte des Archivs sowie das Potential seiner Quellen für Forschung, Vermittlung und Erinnerung vor. Im Anschluss geht sie im Gespräch mit Monika Heinemann und Julia Roos (beide Dubnow-Institut, Leipzig) der Frage nach, warum es relevant ist, nach der Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte von Dokumenten, darunter Fotografien, zu fragen und welche Perspektiven dieser einzigartige Bestand eröffnet.

Eine Veranstaltung im Begleitprogramm der Ausstellung »Der bestimmende Blick. Bilder jüdischen Lebens im Nachkriegspolen«, die bis Ende 2025 im Dubnow-Institut zu sehen sein wird.

Moderation: Monika Heinemann und Julia Roos

Donnerstag, 18. April 2024, 17 Uhr
Dubnow-Institut, Leipzig

Die Veranstaltung ist Teil des Kolloquiums des Leibniz-WissenschaftsCampus' »Eastern Europe – Global Area« (EEGA).