Ressort Wissen

Ein Juwel in der Krone:

Arabische Juden und Britisch-Indien

Seit dem 18. Jahrhundert siedelten sich tausende jüdische Einwanderinnen und Einwanderer aus dem arabischen Raum im zunehmend unter britischer Herrschaft stehenden Indien an. Da die Mehrzahl dieser jüdisch-arabischen Siedler aus Bagdad stammte, wurden sie im Laufe der Zeit als »Bagdadis« gekennzeichnet. Ihre Geschichte wurde entsprechend auch untersucht und erzählt. Dem vorherrschenden Narrativ nach sollen sich die Bagdadis an den Traditionen und Riten ihrer Heimat treu festgehalten, sich selbst als Bagdadis oder Babylonier verstanden und sogenannte »Satellitengemeinden« gebildet haben, die um das geistliche Zentrum Bagdads kreisten.

Steht die Geschichte der Bagdadis in Indien ausschließlich im Verhältnis zu Bagdad oder lässt sie sich auch in anderen Rahmen untersuchen und erzählen? Diese erkenntnisleitende Frage dient als Ausgangspunkt dieses Dissertationsprojekts, das eine Geschichte der arabischen Judenheit und Britisch-Indien zu erzählen sucht. Indem der Schwerpunkt auf Indien verlagert wird, ohne die Geschichte des arabischen Herkunftslands aus dem Blick zu verlieren, soll eine neue Perspektive auf die Geschichte des arabischen Judentums im Allgemeinen geleistet werden. Aus dieser Perspektive heraus entsteht Britisch-Indien als Ziel diverser und erheblicher jüdischer Einwanderung; ein Ort jüdischer Emanzipation, Akkulturation und Aufklärung; Erzeuger jüdischer Selbstverständnisse und Imaginationen; und Sprungbrett jüdischer Expansion über einen großen imperialen Raum. Es erweist sich damit als ein bedeutsamer Drehpunkt der Geschichte des arabischen Judentums.