Simon-Dubnow-Vorlesung

Jüdische Geschichte im universal-vergleichenden Zusammenhang

2. Simon-Dubnow-Vorlesung

Im Januar 2002 hielt der international renommierte Soziologe Shmuel Noah Eisenstadt vor großer Zuhörerschaft die Zweite Simon-Dubnow-Vorlesung zum Thema »Jüdische Geschichte im universal-vergleichenden Zusammenhang« in der Alten Handelsbörse zu Leipzig. Der Ausgangspunkt des Vortrags war eine kritische Analyse von Max Webers Studien zur jüdischen Zivilisation. Zum einen hat Weber das Judentum als eine der Großen Religionen untersucht – der deutsche Theologe Karl Jaspers hat dafür später den Begriff der »Achsen Zivilisation« geprägt, d.h. die Religionen oder Zivilisationen, die Geschichte der Menschheit revolutioniert haben –, zum anderen hat Weber die jüdische Erfahrung des Exils nach der Zerstörung des zweiten Tempels mit dem Begriff des »Pariavolkes« beschrieben. »Pariavolk« bezeichnet für Weber ein Volk, das außerhalb der Geschichte steht. Der englische Historiker Arnold Toynbee folgte einem ähnlichen Ansatz, als er die jüdische Zivilisation als »fossiliert« beschrieb. Eisenstadt setzte sich kritisch mit der Fossilierungs-These auseinander. Er untermauerte anhand einiger Beispiele eindrucksvoll, dass es im langen Mittelalter eine starke innerjüdische Dynamik gab – mit zahlreichen Kontroversen und Auseinandersetzungen über die Rolle der Halakhah. Der Begriff einer »fossilierten« Zivilisation hat für Eisenstadt angesichts der neueren Forschungsergebnisse nicht mehr Bestand.

23. Januar 2002
Alte Handelsbörse Leipzig

Die Simon-Dubnow-Vorlesung wird finanziert durch die Thyssen-Stiftung