Gelehrter Antisemitismus. Spannung und Kontroverse im Zeitalter der Emanzipation
Nachholtermin des Vortrags von Shulamit Volkov
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Der Vortrag wird zudem über Zoom gestreamt. Für eine digitale Teilnahme ist eine Anmeldung nicht erforderlich; den Link veröffentlichen wir wenige Tage vor der Veranstaltung auf dieser Webseite.
Am Donnerstag, 3. April 2025, 17.15 Uhr spricht Prof. em. Dr. Shulamit Volkov (Tel Aviv University) unter dem Titel »Gelehrter Antisemitismus« über Spannung und Kontroverse im Zeitalter der Emanzipation. Der Vortrag findet in der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig statt und wird zudem über Zoom gestreamt. Er ist Teil der Reihe »Antisemitismus der Gebildeten. Sozialgeschichtliche Fallstudien«; der ursprünglich für Dezember 2024 geplante Vortrag musste leider aus privaten Gründen verschoben werden.
Universitäten und Wissenschaften galten im frühen 19. Jahrhundert als ein Symbol jüdischer Emanzipationshoffnungen, selbst zu Zeiten, als persönlicher Erfolg und Aufstieg im akademischen Milieu für jüdische Gelehrte keineswegs die Regel waren. Im Deutschen Reich kamen zu den »leisen« Hürden der Diskriminierung in Berufungen »laute« Ausgrenzungen und aggressive Anfeindungen hinzu, sowohl in Studentenverbindungen als auch durch Professoren. Der Aufsatz »Unsere Aussichten« (1879) des Berliner Historikers Heinrich von Treitschke markiert diesen Umschlagpunkt von korporativen Vorbehalten und berufsständischer Distanz zu öffentlichen Schmähungen und einem neuen Antisemitismus. Der jüdische Historiker Arthur Rosenberg bezeichnete 1930 diesen neuen Diskurs, mit dem Juden kollektiv angegriffen und pauschalen Verdächtigungen ausgesetzt wurden, als »Universitätsantisemitismus«. Mit seinem Buch »Hitler’s Professors. The Part of Scholarship in Germany’s Crimes against the Jewish People« (1946) zog der Sprachwissenschaftler Max Weinreich unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust eine düstere Bilanz dieser deutschen Entwicklung, in der sich Wissenschaftler aller Fachrichtungen und die Institution der Universität selbst in den Dienst der Nazis gestellt hatten.
Das Forschungskolloquium des Dubnow-Instituts geht im Wintersemester in sechs Vorträgen den Diagnosen Rosenbergs und Weinreichs nach und stellt die damit verbundene Frage nach dem Antisemitismus der Gebildeten. Im Zentrum steht dabei weniger die Ideologiegeschichte des Ressentiments; stattdessen werden sozialhistorische und institutionengeschichtliche Fallbeispiele aus Berlin und Prag diskutiert sowie die individuellen und institutionellen Reaktionen jüdischer Zeitgenossen, die die akademische Judenfeindschaft abzuwehren versuchten.
Donnerstag, 3. April 2025, 17.15 Uhr
Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig/Stream