Kolloquium

Der Mediävist Samuel Steinherz (1857 Güssing – 1942 Theresienstadt) und die »Affäre« um sein Rektorat an der Karls-Universität in Prag 1922

Programm

 

Anmeldung
Um Anmeldung zur Vortragsreihe wird gebeten.

Zur Anmeldung

 

Stream

Für eine digitale Teilnahme ist eine Anmeldung nicht erforderlich; den Link veröffentlichen wir wenige Tage vor der Veranstaltung auf dieser Webseite.

Am Donnerstag, 28. November 2024, 17.15 Uhr spricht Martha Keil (Institut für jüdische Geschichte Österreichs, St. Pölten) über den Mediävisten Samuel Steinherz (1857 Güssing – 1942 Theresienstadt) und die »Affäre« um sein Rektorat an der Karls-Universität in Prag im Jahr 1922. Der Vortrag ist Teilder Reihe »Antisemitismus der Gebildeten. Sozialgeschichtliche Fallstudien«.

Universitäten und Wissenschaften galten im frühen 19. Jahrhundert als ein Symbol jüdischer Emanzipationshoffnungen, selbst zu Zeiten, als persönlicher Erfolg und Aufstieg im akademischen Milieu für jüdische Gelehrte keineswegs die Regel waren. Im Deutschen Reich kamen zu den »leisen« Hürden der Diskriminierung in Berufungen »laute« Ausgrenzungen und aggressive Anfeindungen hinzu, sowohl in Studentenverbindungen als auch durch Professoren. Der Aufsatz »Unsere Aussichten« (1879) des Berliner Historikers Heinrich von Treitschke markiert diesen Umschlagpunkt von korporativen Vorbehalten und berufsständischer Distanz zu öffentlichen Schmähungen und einem neuen Antisemitismus. Der jüdische Historiker Arthur Rosenberg bezeichnete 1930 diesen neuen Diskurs, mit dem Juden kollektiv angegriffen und pauschalen Verdächtigungen ausgesetzt wurden, als »Universitätsantisemitismus«. Mit seinem Buch »Hitler’s Professors. The Part of Scholarship in Germany’s Crimes against the Jewish People« (1946) zog der Sprachwissenschaftler Max Weinreich unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust eine düstere Bilanz dieser deutschen Entwicklung, in der sich Wissenschaftler aller Fachrichtungen und die Institution der Universität selbst in den Dienst der Nazis gestellt hatten.

Das Forschungskolloquium des Dubnow-Instituts geht im Wintersemester in sechs Vorträgen den Diagnosen Rosenbergs und Weinreichs nach und stellt die damit verbundene Frage nach dem Antisemitismus der Gebildeten. Im Zentrum steht dabei weniger die Ideologiegeschichte des Ressentiments; stattdessen werden sozialhistorische und institutionengeschichtliche Fallbeispiele aus Berlin und Prag diskutiert sowie die individuellen und institutionellen Reaktionen jüdischer Zeitgenossen, die die akademische Judenfeindschaft abzuwehren versuchten.

Donnerstag, 28. November 2024, 17.15 Uhr
Dubnow-Institut, Leipzig/Stream