Zur Philologie des Bösen:
Sprachkritik als Widerstand
Das Leibniz-Institut für jüdische Geschichte und Kultur – Simon Dubnow lädt, in Kooperation mit dem Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin, am Montag, den 21. Oktober 2019 um 17 Uhr herzlich zum Vortrag »Zur Philologie des Bösen: Sprachkritik als Widerstand« ins Leipziger Literaturhaus ein. Der Referent Jeremy Adler, Professor Emeritus für deutsche Sprache in London, zeigt, wie Karl Kraus, Victor Klemperer, H. G. Adler und Dolf Sternberger eine »Philologie des Bösen« entwickelten, die die ideologische Verbiegung der deutschen Sprache im Nationalsozialismus kritisiert und so die politische Gewalt in Begriffen und Denkfiguren entlarvt. Der Eintritt ist frei.
Jede repressive Herrschaft missbraucht die Sprache, um Gegner zu stigmatisieren und zu verfolgen. Im Nationalsozialismus litt die Sprache in einem bis dahin unbekannten Ausmaß: Kennzeichnend sind eine Grammatik, die jede Regel bricht, Worte, die zu Schablonen verkümmern, Metaphern, die die Lüge propagieren und Verbrechen bemänteln. Die »Philologie des Bösen« untersucht diese Sprache der Gewalt.Doch es gab auch Widerstand gegen den Missbrauch der Sprache – bereits in den 1930er-Jahren, weitergeführt selbst in den Konzentrationslagern und fortgesetzt nach 1945. Karl Kraus nutzte hierfür die Sprachkritik, Victor Klemperer die Philologie, H.G. Adler die Etymologie und Dolf Sternberger eine ironische Betrachtungsart. Jeremy Adler stellt in seinem Vortrag die unterschiedlichen Ansätze und Personen vor und zeigt auf, wie diese mit der »Philologie des Bösen«eine neue Wissenschaft begründeten.
Jeremy Adler ist ein ausgewiesener Kenner der Thematik. Am King’s College London forscht er seit vielen Jahren zur Geschichte der deutschen Literatur, zu Exil undSchoah und zum Umgang mit dem »Dritten Reich« in Wissenschaft, Literatur und Öffentlichkeit. Zuletzt erschien sein Buch Das Absolut Böse. Zur Neuedition von ‚Mein Kampf‘ (2018). Er ist Mitglied des Österreichischen PEN-Clubs und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Darmstadt.
Der Vortrag ist Teil des Workshops »Sprachhandeln« – Reflexionen über die deutsche Sprache nach dem Holocaust.
21. Oktober 2019, 17 Uhr
Literaturhaus Leipzig