Ressort Recht

Auschwitz-Überlebende als Zeugen vor Gericht

2016–2019

Teilprojekt des Forschungsprojekts »Opferzeugen in NS-Prozessen. Eine Analyse ihrer wechselhaften Rolle in sechzig Jahren Bundesrepublik«

In dem Projekt wird die Geschichte der bundesdeutschen NS-Prozesse mit Fokus auf die Zeugen und deren Perspektive rekonstruiert. Am Beispiel dreier Auschwitz-Prozesse aus den 1950er bis 1970er Jahren werden die prozessuale Bedeutung dieser Zeugen, die Umstände ihrer Zeugenschaft sowie ihre eigenen Motive und Handlungsweisen untersucht. Der Untersuchungszeitraum ermöglicht es, Kontinuitäten und Veränderungen sowohl in den Erzählungen der Zeugen als auch in der Interaktion vor Gericht und den gerichtlichen Glaubwürdigkeitskriterien zu erfassen. Ein besonderes Augenmerk gilt den Inhalten und Formen der Kommunikation zwischen den Auschwitz-Überlebenden und den bundesdeutschen Juristen und damit einer empirischen Untersuchung der Szenerie der juridischen Zeugenschaft. Während die Juristen die »Opferzeugen« als zwar unverzichtbares, aber unzuverlässiges »Beweismittel« ansahen, hatten die Zeugen eine eigene Agenda und spielten häufig eine weitaus aktivere Rolle als bisher angenommen: Ihre Organisationen und Netzwerke übernahmen im Umfeld der Prozesse unverzichtbare Aufgaben bei der Suche nach Zeugen und Dokumenten. Die konflikthafte Begegnung der Zeugen mit den bundesdeutschen Juristen und Angeklagten, in der unterschiedliche Vorstellungen von Gerechtigkeit, historischer Wahrheit und Erinnerung aufeinanderprallten, wird als aussagekräftiger Teil der (juridischen) Nachgeschichte des Holocaust dargestellt.

Das Forschungsprojekt wird gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft.