Ressort Politik

Der gescheiterte antizionistische Schauprozess gegen Gábor Péter 1953 in Ungarn

Ausgangspunkt des Dissertationsvorhabens ist der Schauprozess, der ab Januar 1953 in Ungarn gegen Gábor Péter, den Leiter des Staatssicherheitsdienstes, und mehr als hundert andere jüdische Politiker, Funktionäre und Ärzte geplant war. Der Fall betraf darüber hinaus auch Vertreter jüdischer Organisationen sowie Familienmitglieder Péters. Ihnen wurde unterstellt, einer zionistischen Spionageorganisation anzugehören. Während die Beschuldigten eines zeitgleich in der Sowjetunion geplanten Schauprozesses kurz nach Stalins Tod im März 1953 freigelassen wurden, hielt die ungarische Parteiführung bis zum Sommer desselben Jahres an ihrem Vorhaben fest. Die Anklagestrategie veränderte sich und der Vorwurf der Spionage wurde fallen gelassen. Anstelle eines Schauprozesses wurden mehrere Geheimverhandlungen geführt. Am 24. Dezember 1953 wurde Péter u.a. wegen staatsfeindlicher Verbrechen zu lebenslanger Haft verurteilt.
Die Studie geht den ungarischen Besonderheiten des geplanten Schauprozesses nach. Am Anfang steht das Verhältnis zwischen der Sowjetisierung Ungarns und dem Fortleben nationaler Traditionsbestände. Das Tribunal wird nicht nur vor dem Hintergrund des Kalten Krieges, sondern auch der ungarischen Nationenbildung und der damit verwobenen Akkulturationsgeschichte der einheimischen Juden gedeutet. Dazu gesellen sich die Problemfelder des kommunistischen Umgangs mit der sogenannten jüdischen Frage sowie des Verhältnisses der kommunistischen Parteien zu ihren jüdischen Mitgliedern. Dies ist gerade vor dem Hintergrund der Geschichte Ungarns von Bedeutung, wo der Anteil von Juden an der kommunistischen Bewegung schon seit der kurzlebigen Räterepublik von 1919 besonders groß war.

Das Projekt wird gefördert durch das Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk.