Demokratisches Denken in der frühen Bundesrepublik
Der Staats- und Verwaltungsrechtler Walter Jellinek
Im Dissertationsprojekt werden Prozesse der Wiederherstellung des Rechts in Deutschland in der unmittelbaren Zeit nach dem Ende Zweiten Weltkriegs bis in die frühe Bundesrepublik hinein untersucht. Im Zentrum steht dabei der heute nahezu vergessene Staats- und Verwaltungsrechtler Walter Jellinek (1885–1955), der sich von Heidelberg aus entschieden für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit engagierte. Im Gegensatz zu vielen vertriebenen Juristen, die im Exil mit anderen Konzepten von Recht in Kontakt gekommen waren, Weimarer Ideen weiterentwickelt, neue Netzwerke ausgebildet und Deutschland aus der Distanz beobachtet hatten, überlebte Jellinek als Christ jüdischer Herkunft die gesamte Zeit des Nationalsozialismus in einer sogenannten »privilegierten Mischehe« in Deutschland. So besaß er eine seltene Innenansicht auf den Unrechtsstaat und entwickelte spezifische Perspektiven auf den rechtspolitischen Wiederaufbau nach 1945.
Der Fokus des Vorhabens liegt im Besonderen auf der Frage, wie und warum sich Jellineks Erfahrungsgeschichte - seine ambivalente Integration in die deutsche Gesellschaft und sein Erleben sowohl der Weimarer Republik als auch der nationalsozialistischen Diktatur – auf sein demokratisches Denken sowie seine Stellung innerhalb Deutschlands und der Rechtswissenschaft auswirkte. Um Zusammenhänge zwischen Leben und Werk nachzuvollziehen, verbindet das Projekt Ansätze der Biografieforschung mit Methoden der Juristischen Zeitgeschichte.
Kontakt
Philip Emanuel Bockelmann