Akademieprojekt

Deutsche Juden und modernes Staatensystem, 1900–1919

Das Forschungsprojekt widmet sich dem Wirken von Persönlichkeiten jüdischer Herkunft, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts in deutscher Politik und Öffentlichkeit die großen Herausforderungen und Gefahren der Zeit artikulierten oder zu bekämpfen suchten und insbesondere im Umbruch von 1918–1919 eine erhöhte öffentliche Präsenz oder auch bemerkenswerte staatliche Nachfrage erfuhren. Den Rahmen der Betrachtung bildet das moderne, sogenannte »westfä­lische« Staatensystem. Dessen zentralen Merkmale, die innere wie die äußere Souveränität, treten gerade in Momenten der Revolution – sei es innerhalb eines Staats, sei es der Staatenordnung überhaupt – besonders hervor. Dem entspricht der doppelte Fokus der Studie: der Umbruch vom deutschen Kaiserreich zur Weimarer Republik und der Umbruch von der alten europäischen Ordnung zu jener der Zwischenkriegszeit.

Das Forschungsprojekt betrachtet hierzu Fragen der deutschen Innen- und mehr noch Außenpolitik, parallel dazu aber auch die Fragen, die sich der jüdischen Welt angesichts der nationalstaatlichen Entwicklung des Staatensystems stellten. Hierzu widmet sie sich bestimmten Gruppierungen von Politikern und Publizisten jüdischer Herkunft, zuerst solchen in der Sozialdemokratie, an zweiter Stelle auch solchen unter den bürgerlichen Liberalen. Hinzu kommen Akteure, die minderheitenrechtliche oder zionistische Initiativen in die jüdische Öffentlichkeit wie deutsche Politik einbrachten.

Auf diese mehrschichtige Weise ermittelt die Studie wesentliche Koordinaten der damaligen deutsch-jüdischen Situation. An ihrem Beispiel beabsichtigt sie zudem, auf die prekäre Ordnung des modernen Staatensystems als der Grundlage allen individuellen Seins zu verweisen.