Ressort Politik

Protestantischer Kanon und jüdische Erfahrung in der Pluralismuskonzeption Horace M. Kallens

Das durch Horace M. Kallen (1882–1974) entwickelte Konzept des kulturellen Pluralismus steht exemplarisch sowohl für den geistigen Umbruch, als auch für die langanhaltende und räumlich weit über Europa hinausreichende Wirksamkeit der Zäsur des Jahres 1918. Das Forschungsvorhaben untersucht die Übertragungen des im Ersten Weltkrieg und in den darauffolgenden Jahren erarbeiteten Konzepts von Kallen in unterschiedliche Zeiträume amerikanisch-jüdischer Geschichte von den beginnenden 1920er- bis in die 1970er-Jahre. Methodisch wird dies durch einen Zugriff ermöglicht, der religiöse Gehalte seines Denkens in den Blick nimmt, die sich aus historischen jüdischen Erfahrungen und zugleich aus amerikanischen protestantischen Traditionen speisten. Einer Amerikanisierung, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts vornehmlich als Assimilation verstanden wurde, setzte Kallen dabei die Amerikanisierung als Kultivierung von Differenz entgegen. In den 1950er-Jahren beschrieb er die Ausweitung des pluralistischen Prinzips in jegliche Lebenswelt als amerikanische Zivilreligion und versah diese mit einem literarischen Kanon als »Bibel Amerikas«. Wie Kallen dabei amerikanisch-protestantische und deutsch-jüdische Denktraditionen des 19. Jahrhunderts in seine Konzeption von Pluralismus überführte und mit jüdischen historischen Erfahrungen der Zwischenkriegszeit und während des Kalten Krieges neu dachte, ist das zentrale Erkenntnisinteresse der Studie.

Das Projekt war Teil des durch die Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig koordinierten Förderschwerpunkts des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst »1918 – Chiffre für Umbruch und Aufbruch«.

Diese Maßnahme wurde mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.